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Ist das der richtige Weg?

22. Mai 2017

Lars Kossack äußert sich dazu im MDR-Interview

Warum ein abstraktes, neues Landeskreislaufwirtschaftsgesetz sinnlos ist!

Das Ziel ist gut!

Die Initiatoren haben bestimmt die besten Absichten, denn die Thüringer Landesregierung will eine höhere Recyclingquote erreichen: Aktuell werden 63% des anfallenden Gewerbeabfalls recycelt. Bis 2030 soll die Recyclingquote auf 70% gesteigert werden. Doch ist der nun eingeschlagene Weg dorthin, nämlich eine Änderung des betreffenden Müllgesetzes, auch zielführend?

Zum Thema: Die Erfurter Entsorgungsfachbetriebe sammeln jährlich 55.000 Tonnen Gewerbeabfall. Aufwendige Anlagen bereiten diese Müllmengen mithilfe neuster Sensortechnik und ausgereifter Erkennungssoftware auf: Alle verwertbaren sogenannten Sekundärrohstoffe werden vom Restmüll getrennt und sortiert. Hier ist Hochtechnologie im Einsatz, denn ein Nahinfrarotsichtgerät erkennt anhand des Farbspektrums der auf einem Förderband vorbeilaufenden Materialien, um welche Stoffe es sich jeweils handelt. Durch Gebläse und Absauganlagen werden die erkannten, wiederverwertbaren Werkstoffe vom Hauptfließband geholt und ihren jeweiligen Verwertungskreislauf zugeführt. Alles passiert in Sekundenbruchteilen und produziert eine verblüffende Lärmkulisse.

Aktuell sind wir mit dieser Technologie in der Lage 63 % des Gewerbemülls aufzubereiten und zu recyceln. Kunststoffe, Papier, Pappe, Glas und Metalle werden recycelt. Die restlichen 37 % werden „energetisch verwertet“, wie es so schön heißt. Einfach ausgedrückt bedeutet das, dass der Müll verbrannt wird. Grundsätzlich sind 63 % Recycling eine gute Quote. Jedoch liegen diese immer noch unterhalb der EU-Ziele, die eine europaweite Recyclingquote von 70 % bis zum Jahr 2030 als Ziel definiert. Diesem Ziel möchte die Thüringer Landesregierung mit einem neuen Abfallgesetz näherkommen. Dabei will man über die Abfallsatzungen der Kommunen Anreize schaffen, und Recycling günstiger gestalten als die Entsorgung. Es könne nicht sein, dass durch die geltenden Preise eine Endlagerung auf einer Deponie billiger ist, als der angestrebte Recyclingprozess.

Zugegeben: Dem ist auf den ersten Blick nichts hinzuzufügen! Doch wer die Abfallsatzungen der Thüringer Kommunen näher betrachtet, der findet weder in Erfurt, noch in Eisenach oder in Jena entsprechende Regelungen, zum Vorteil einer Endlagerung auf Deponien. Der 51 Seiten lange Gesetzentwurf der Landesregierung bedient sich also einer Grundvoraussetzung, die es gar nicht gibt? Ralf Rusch vom Gemeinde- und Städtebund Thüringen stellt deshalb ganz klar fest, dass die besagten Anreize auch in den bisherigen Gebührensatzungen zu finden sind. Gravierende Veränderungen seien vom neuen Gesetzentwurf folglich nicht zu erwarten. Das sehen auch wir so.

Lars Kossack, Geschäftsführer der Thüringen Recycling GmbH und Vertreter des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung, bringt es im Interview mit deutlichen Worten auf den Punkt: „Das heißt im positiven Sinne, dass die Mülltonnen vor den Thüringer Häusern nicht teurer werden. Negativ betrachtet, sei das neue Gesetz sinnlos. Wenn man Recycling fördern will, auf Landesebene, dann sind Kampagnen wertvoller als abstrakte Landesgesetze. Ein Landeskreislaufwirtschaftsgesetz ist meiner Meinung nach überflüssig." Für die Recyclingbranche und im weiteren Sinne für die höhere Recyclingquote wäre eine "Gelbe Tonne Plus" der sinnvollere Weg. In dieser neuen Tonne für Kunststoffe und Plastik sollten zusätzliche, recycelbare Werk- und Wertstoffe entsorgt werden. "Ich will es an einem Beispiel konkret machen: Weshalb darf das aus Polypropylen bestehende Kinderspielzeug nicht in die gelbe Tonne wandern? Weil es nicht als Verpackungsabfall lizensiert ist. Und die Kostenträgerschaft für den Recyclingprozess nicht sichergestellt ist. Hier müssten Kommunen handeln. Nicht zu vergessen ist auch, dass aus der schwarzen Restmülltonne bisher gar nichts recycelt wird, sondern alles in die Verbrennung wandert - aus hygienischen Gründen.“

Als Entsorgungsfachbetrieb mit jahrzehntelanger Erfahrung sind wir die ersten, die für eine höhere Recyclingquote eine Lanze brechen. Zusätzliche Gesetze, Regelungen und Verordnungen, die das eigentliche Thema so augenscheinlich verfehlen, sind allerdings schwer zu unterstützen. Für eine konstruktive Zusammenarbeit sind wir in diesen Fragen immer zu haben. Vielleicht würde die eine oder andere zusätzliche Stimme aus der Praxis tatsächlich helfen. Wir gehen davon aus das eines klar ist: Wir haben dasselbe Ziel.